Kinder oder Jugendliche mit einer schweren Erkrankung werden nicht nur aus ihrem gewohnten Leben gerissen, sondern auch mit fremden Situationen und unbekannten Emotionen konfrontiert.
Die Psychoonkolog:innen, die Sozialarbeitenden oder das Pflegeteam im Spital können Ihnen und Ihrem Kind dabei helfen, Wege zu finden, ihre Gefühle zu bewältigen und ihre Ängste zu teilen. Die nachfolgenden Tipps dienen als Orientierung.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Es ist normal, dass sich Kinder oder Jugendliche traurig, wütend oder ängstlich fühlen, wenn Sie im Spital oder krank sind.
- Häufige Reaktionen sind Regression, Aggression oder Rückzug.
- Helfen Sie Ihrem Kind, sich geliebt und unterstützt zu fühlen und die Gefühle zu teilen, wenn es dazu bereit ist.
- Beantworten Sie Fragen ehrlich und altersgerecht.
- Helfen Sie, positive Wege zu finden, mit den Gefühlen umzugehen.
- Setzen Sie auf bewährte Regeln.
Zeigen Sie Ihrem Kind, wie es geht
- Versuchen Sie, Ihre eigenen Gefühle positiv auszudrücken und ruhig zu bleiben. Ihr Kind wird durch Ihr Beispiel lernen, mit den eigenen Emotionen umzugehen.
- Wenn Sie weinen oder frustriert sind, ist das in Ordnung. Zu sehen, dass Sie solche Gefühle äussern, zeigt Ihrem Kind, dass das normal ist. Muten Sie Ihrem Kind aber nicht zu viel zu. Kinder können sich die Schuld darangeben, dass es Ihnen schlecht geht, was dazu führen kann, dass sie ihre Gefühle nicht mehr zeigen, weil sie Sie schützen wollen.
- Zwingen Sie das Kind nicht, zu reden, sondern warten Sie, bis das Kind bereit dazu ist. Kinder und Teenager zeigen oft, dass sie bereit sind, indem sie Fragen stellen, ohne, dass sie aufgefordert werden.
- Schaffen Sie einen sicheren und intimen Rahmen, in dem Sie ihre Gefühle teilen können. Lassen Sie das Kind wissen, dass Sie seine Sorgen, Ängste und Gefühle ernst nehmen.
Haben Sie Geduld mit Ihrem Kind
- Wenn Ihr Kind dazu bereit ist, können Sie es ermutigen, über seine Emotionen zu sprechen. Wenn Ihr Kind von selbst Fragen stellt, lassen Sie es den Gesprächsverlauf bestimmen.
- Fragen Sie im Spital nach, wenn Sie unsicher sind, welche Informationen Sie mitteilen sollen oder lesen Sie den Artikel «Mit unserem Kind über Krebs sprechen».
- Kommunizieren Sie altersgerecht und häppchenweise. In diesem Artikel finden Sie altersgerechte Empfehlungen.
- Passen Sie sich Ihrem Kind an: Wenn es Fragen stellt, beantworten Sie diese ehrlich, einfach und altersgerecht.
- Schenken Sie Geborgenheit. Ein liebevolles Umfeld hilft, sich zu öffnen.
Achten Sie auf Ihre eigene emotionale Gesundheit und die Ihrer Familie. Mit anderen Eltern zu sprechen, die Ähnliches erlebt haben, kann sehr hilfreich sein.
Schaffen Sie Raum für Emotionen
Es gibt viele Wege, wie Menschen ihre Gefühle ausdrücken können, anstatt sie zu unterdrücken oder aggressiv zu reagieren. Oftmals helfen Strategien, die Sie auch im Alltag anwenden können, z. B. kann Ihr Kind:
- ein tröstendes Objekt halten, wenn es ängstlich oder verärgert ist
- eine gezielte Aktivität ausführen, um sich abzulenken (Ihre Hand halten, ein Spiel spielen, ein Lied singen)
- ein Kissen schlagen, wenn es wütend ist, anstatt andere zu schlagen
- eine Liste machen, was ihm im Spital gefällt und was nicht
- die Gefühle durch Malen, Musik, Fotografie, Rollenspiele oder andere Aktivitäten ausdrücken
- tiefes Atmen üben
- ein Tagebuch führen (schreiben, zeichnen, Videos aufnehmen)
Behalten Sie gewohnte Regeln im Spital bei
Regeln und konsequente Grenzen im Alltag bieten Orientierung, schaffen Klarheit und vermitteln Sicherheit – das gilt auch im Krankheitsfall. Versuchen Sie bewährte Familienregeln und Grenzen auch während der Krankheit und Therapie im Spital aufrecht zu halten. So seltsam es klingen mag: ein bekannter Rahmen bietet gerade in einer solch verunsichernden Phase auch emotionalen Halt.
Einige Tipps:
- Behalten Sie − wenn möglich − dieselben Regeln und Grenzen, wie vor der Diagnose, im Spital bei.
- Scheuen Sie sich nicht vor klaren Anweisungen, aber formulieren Sie sie positiv. Sagen Sie dem Kind, was es tun soll, anstatt, was es nicht tun sollte.
- Anerkennen Sie, wie gut Ihr Kind ein schwieriges Verfahren oder eine Behandlung durchgestanden oder geduldig gewartet hat.
- Falls Sie wegen dem Nichteinhalten von Regeln verärgert sind, versuchen Sie ruhig zu bleiben und Ihre Gefühle anzusprechen.
- Kommunizieren Sie klar, dass Wutausbrüche oder schreien nicht dabei helfen, Regeln zu umgehen. Setzen Sie klare Grenzen und halten Sie diese konsequent ein.
Lassen Sie Ihr Kind Entscheidungen treffen
Versuchen Sie Ihr Kind bei Wahlmöglichkeiten einzubeziehen. Das medizinische Team im Spital bespricht gerne mit Ihnen, wo sich Ihr Kind einbringen kann. Wenn etwas unumgänglich ist, sollte es nicht als Wahlmöglichkeit angeboten werden.
- Lassen Sie das Kind die Spielzeit oder Freizeit im Rahmen der gesundheitlichen Situation selbst einteilen und entscheiden, welche Aktivität sie zusammen machen und wie lange.
- Besprechen Sie mit Ihrem Kind, wem Sie was über die Krankheit erzählen dürfen (z. B. den Nachbarskindern oder in der Schule).
- Planen Sie Besuche gemeinsam (im Rahmen der gesundheitlichen Möglichkeiten).
- Schaffen Sie Möglichkeiten, dass Ihr Kind mit anderen kommunizieren kann (z. B. über Videotelefonie, Textnachrichten, Videos oder Anrufe).
- Sollte der Umgang mit Medien oder Social Media bisher nur sehr beschränkt oder gar nicht stattgefunden haben, lohnt es sich, für ihren Einsatz klare Regeln zu schaffen. Je nach Alter können Sie diese Regeln zusammen mit Ihrem Kind aufstellen. Ansonsten können Sie Ihre bewährten Regeln übernehmen und gegebenenfalls anpassen.
- Helfen Sie Ihrem Kind, im Spital mit anderen Kindern in Kontakt zu kommen und neue Freund:innen zu finden.