Behandlungsprotokolle und Therapieverlauf

In der Schweiz erfolgt die Behandlung von krebskranken Kindern und Jugendlichen oft nach strukturierten und meist international abgestimmten Therapieplänen, sogenannten Behandlungsprotokollen. 

Dieser Artikel gibt einen Überblick darüber, was unter einem Behandlungsprotokoll zu verstehen ist und was Eltern wissen sollten.
 

Was ist ein Behandlungsprotokoll?

Ein Behandlungsprotokoll ist ein standardisierter medizinischer Plan, der genau festlegt:

  • welche Therapieschritte (z. B. Chemotherapie, Operation, Bestrahlung) wann und in welcher Reihenfolge erfolgen
  • welche Medikamente in welcher Dosierung und Kombination eingesetzt werden
  • wie lange die einzelnen Therapiezyklen dauern
  • welche Untersuchungen zur Verlaufskontrolle vorgesehen sind
  • wie mit Nebenwirkungen und Komplikationen umgegangen wird

Ziel ist es, eine hochwirksame, evidenzbasierte Behandlung zu bieten, die auf jahrzehntelanger Forschung und klinischer Erfahrung basiert. Behandlungsprotokolle helfen dabei, die Heilungschancen zu verbessern und Nebenwirkungen möglichst gering zu halten.

Was bedeutet evidenzbasiert im Zusammenhang mit der Kinderkrebsforschung?

Evidenzbasiert bedeutet, dass eine medizinische Behandlung auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen beruht. Das heisst: es gibt Studien, die zeigen, dass die Behandlung nachweislich wirksam und sicher ist. 

Im Bereich der Kinderonkologie bedeutet evidenzbasiert allerdings nicht automatisch, dass es für alle eingesetzten Medikamente ebenso umfassende Studien bei Kindern wie bei Erwachsenen gibt, selbst wenn eine Kinderkrebsbehandlung nach standardisierten Protokollen erfolgt und wissenschaftlich gestützt ist.

Tatsächlich verhält es sich bei Kinderkrebs so:

  • viele Medikamente wurden ursprünglich für Erwachsene entwickelt und werden bei Kindern Off-Label-Use verwendet, das heisst, die Verabreichung weicht von der durch die zuständigen Behörden genehmigten Anwendung ab
  • für seltene Krebserkrankungen gibt es wenig Studien- und Vergleichsdaten
  • es gibt zu wenig spezifische Forschung zu Kinderkrebs (u. a. aufgrund der geringen Fallzahlen)
  • klinische Studien an Kindern und Jugendlichen sind aufwändiger und ethisch komplexer

Dennoch erfolgt die Behandlung nach international abgestimmten Protokollen, die auf der bestmöglichen verfügbaren Evidenz, auf klinischer Erfahrung und auf den Ergebnissen kontrollierter Studien basieren – wann immer solche vorhanden sind.

Eltern dürfen darauf vertrauen, dass die Therapien mit grosser Sorgfalt zusammengestellt werden, mit dem Ziel, Heilungschancen zu maximieren und Belastungen zu minimieren. Gleichzeitig setzt sich Kinderkrebs Schweiz dafür ein, dass mehr spezifische Forschung für Kinder vorangetrieben wird.

Heinz Hengartner

«Klinische Studien in der Kinderonkologie: Was bedeutet das für mein Kind? Eine Frage, mit der betroffene Eltern meist unmittelbar nach der Diagnose konfrontiert werden und die oftmals Unsicherheiten auslöst.»

Heinz Hengartner, pädiatrischer Onkologe am Ostschweizer Kinderspital in St. Gallen, klärt auf.

Warum ist die Behandlung so strukturiert?

Kinder mit Krebs werden in der Schweiz meist in spezialisierten Zentren betreut, die zur Schweizerischen Pädiatrischen Onkologie Gruppe (SPOG) gehören. Diese Zentren behandeln nach internationalen Protokollen, die von Studiengruppen in Europa oder Nordamerika entwickelt wurden (z. B. GPOH, PanCare oder COG).

Die standardisierten Abläufe ermöglichen:

  • eine einheitlich hohe Behandlungsqualität
  • Vergleichbarkeit von Behandlungserfolgen
  • eine bessere Betreuung in Netzwerken (auch beim Einholen einer Zweitmeinung oder einer Verlegung)

Was bedeutet «Behandlung im Rahmen einer Studie»?

Viele Kinder werden nach Protokollen behandelt, die im Rahmen von sogenannten klinischen Studien untersucht werden. Dabei geht es in der pädiatrischen Onkologie aufgrund der geringen Forschung kaum um neue, unerprobte Therapien oder neuartige Medikamente, sondern um optimierte Kombinationen bereits etablierter Medikamente oder angepasste Dosierungen. Die Teilnahme an den Studien ist freiwillig und unterliegt strengen ethischen Standards.

Vorteile für die erkrankten Kinder und Jugendlichen:

  • Betreuung nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen
  • engmaschige Kontrollen
  • Beurteilung durch ein Referenzzentrum
  • sehr hohe Qualität

Fragen rund um das Behandlungsprotokoll

Wie lange dauert die Behandlung?

Was bedeutet es, wenn mein Kind Teil einer Studie ist?

Wird die Behandlung individuell angepasst?

Gibt es Unterstützung für den Alltag?

Wer sind meine Ansprechpartner:innen?

Wichtige Fragen für Gespräche mit dem Behandlungsteam

Lassen Sie sich vom medizinischen Team erklären, wie die Therapie ablaufen wird und was Sie beachten müssen. Mögliche Fragen, die Sie stellen möchten, können sein:

  • Gibt es eine schriftliche Übersicht über den Therapieablauf?
  • Welche Medikamente werden eingesetzt und warum?
  • Wie sind die Erfolgschancen?
  • Welche Nebenwirkungen müssen wir erwarten?
  • Wie wird mit Komplikationen umgegangen?
  • Wie kann mein Kind weiterhin zur Schule gehen oder soziale Kontakte pflegen?
  • Gibt es Angebote für Geschwister oder die Familie?