Kita, Schule oder eine Lehrstelle sind für Kinder und Jugendliche wichtige Anker. Sie bedeuten Normalität, soziale Teilnahme und eine Perspektive für die Zukunft – umso mehr bei schweren Erkrankungen.
An Krebs erkrankte Kinder und Jugendliche benötigen ihre Kraft in erster Linie, um die Therapien zu bewältigen und mit der körperlichen sowie emotionalen Belastung umzugehen. Für viele ist eine individuell gestaltete Rückkehr in das Lernumfeld bereits während der Kinderkrebserkrankung möglich – sei es über digitale Lösungen, Hausunterricht oder erste Kontakte mit der Klasse.
Mit der Schule sprechen
Damit die schulische Reintegration gelingt, ist ein frühzeitiger, offener Dialog mit der Schule entscheidend.
Sie als Eltern sind dabei zentrale Vermittler:innen. Sie kennen Ihr Kind am besten – seine Stärken, seine Belastungsgrenzen, seine Sorgen. Es lohnt sich, gemeinsam mit dem medizinischen Behandlungsteam im Spital zu überlegen, welche Informationen für die Schule hilfreich sind, und gegebenenfalls einen Elternbrief oder ein Informationsblatt vorzubereiten. Auch das pädiatrisch-onkologische Fachpersonal oder die Spitalschule kann bei der Kontaktaufnahme mit der Schule unterstützen.
Ein Gespräch mit der Schule sollte idealerweise vor der Rückkehr stattfinden, zum Beispiel im Rahmen eines Standortgesprächs. In diesem können folgende Fragen geklärt werden:
- Was ist aktuell möglich – und was (noch) nicht?
- Welche körperlichen, kognitiven oder emotionalen Folgen zeigen sich?
- Was braucht das Kind, um sich sicher und zugehörig zu fühlen?
In Absprache mit der Familie kann es auch sinnvoll sein, das Thema im Unterricht zu thematisieren. So können Vorurteile abgebaut und der Klassenzusammenhalt gestärkt werden.
Lehrpersonen wiederum finden vertiefte Informationen, Tipps und konkrete Unterstützungsangebote im Artikel für Lehrpersonen. Dort gibt es auch Hinweise zu Spitalschulen, digitalen Hilfsmitteln, rechtlichen Grundlagen und psychosozialer Begleitung.
Gut zu wissen
Die Intelligenz ist meist nicht beeinträchtigt, doch die Leistungsfähigkeit kann schwanken. Viele Kinder benötigen keine Sonderbeschulung, sondern ein verständnisvolles, flexibles Lernumfeld. Achten Sie auf die individuelle Tagesform, emotionale Stabilität und Erschöpfungssymptome.
Ein stabiles Lernumfeld ist wichtig
Auch wenn der Fokus während einer Krebserkrankung auf der Gesundheit liegt, bleibt die Schule oder eine Lehrstelle für viele betroffene Kinder und Jugendliche ein entscheidender Faktor im Alltag. Sie bietet Struktur, ermöglicht soziale Kontakte und hilft, Normalität zu bewahren. Eine möglichst frühzeitige Rückkehr in den Unterricht – sei es vor Ort, durch Hausaufgabenpakete oder digitale Lösungen – kann den Kindern und Jugendlichen Halt geben und ihnen das Gefühl vermitteln, weiterhin Teil der Klassengemeinschaft zu sein. Für viele Jugendliche ist auch ein begleiteter Einstieg oder eine schrittweise Rückkehr in die Ausbildung oder Berufsschule essenziell.
Herausforderungen und Lösungen während der Erkrankung
Während der Therapie und oft noch Jahre danach treten vielfältige Herausforderungen auf – körperliche, emotionale und kognitive. Viele Kinder sind erschöpft, geschwächt oder durch Nebenwirkungen, wie ein sogenanntes Chemobrain, in ihrer Konzentration und Verarbeitungsgeschwindigkeit eingeschränkt. Andere entwickeln starke soziale Unsicherheiten oder ziehen sich zurück.
Eltern können gemeinsam mit dem schulischen Umfeld Lösungen finden.
Lösungsmöglichkeiten
Spitalschulen
Hilfsmittel
Flexible Lösungen
Rechtliche Grundlagen und schulische Unterstützung
Kinder mit einer Krebserkrankung haben – wie alle anderen Kinder auch – das Recht auf Bildung und unterliegen der Schulpflicht. Dies ist auf Bundesebene und in den kantonalen Bildungsgesetzen verankert. Wie dieses Recht konkret umgesetzt wird, hängt stark vom schulischen Umfeld und der Offenheit der Beteiligten ab. Das bedeutet: was in einem Kanton selbstverständlich angeboten wird, ist in einem anderen nicht zwingend vorgesehen. Das kann verunsichern – aber es eröffnet auch Spielraum für individuelle Lösungen.
Was Eltern erwarten dürfen und aktiv mitgestalten können
- Ein Recht auf angepasste Bildung: Auch wenn keine formale Abklärung erfolgt ist, dürfen Eltern gemeinsam mit der Schule über Anpassungen sprechen – etwa über einen angepassten Stundenplan, Pausenregelungen oder eine individuelle Lernzielvereinbarung.
- Dialog statt Diagnosepflicht: In vielen Kantonen ist keine offizielle Diagnose notwendig, um Unterstützungsangebote zu besprechen. Vielmehr geht es darum, individuell zu eruieren, was ein Kind im Schulalltag konkret braucht.
- Ein Standortgespräch kann den Weg ebnen: Dieses Gespräch zwischen Schule und Eltern ist eine wichtige Gelegenheit, um realistische Vereinbarungen zu treffen und Missverständnisse zu vermeiden.
- Schulen haben Handlungsspielraum: Die Verantwortung für konkrete Massnahmen liegt häufig bei der Schulleitung oder der Schulpflege. Eltern dürfen Vorschläge einbringen und nachfragen, wenn sie das Gefühl haben, dass eine besondere Unterstützung nötig ist.
Wie Eltern ihre Kinder unterstützen können
Sie als Eltern sind wichtige Partner – für die Schule und Ihr Kind. Auch wenn Sie sich als Mutter oder Vater manchmal überfordert oder allein gelassen fühlen: Sie haben Handlungsspielraum und dürfen mitgestalten!
Was Eltern konkret tun können:
- Frühzeitig den Dialog mit der Schule suchen: Informieren Sie so bald als möglich nach der Diagnose die Schule. Je weiter die Therapie fortschreitet, desto konkretere Gespräche sind zu führen: «Was braucht mein Kind? Was ist möglich?»
- Erklären, worum es geht: Lehrer:innen wissen oft wenig über Nebenwirkungen, Spätfolgen oder Ängste. Erklären Sie (wenn möglich gemeinsam mit Fachpersonen), worauf es ankommt.
- Individuelle Lösungen vorschlagen: Rückzugsorte, kürzere Tage, angepasste Lernziele, Nachteilsausgleich – vieles lässt sich vereinbaren, wenn man darüber spricht.
- Netzwerk nutzen: Spitalschulen, Elterngruppen, Ärzt:innen, Psycholog:innen, schulpsychologischer Dienst – sie alle können helfen, Brücken zu bauen.
- Dranbleiben – aber nicht kämpfen: Nicht jede Schule ist sofort offen oder erfahren. Hartnäckigkeit darf auch freundlich und kooperativ sein.
- Ihr Kind einbeziehen: Fragen Sie es, wie es sich fühlt, was es braucht und wann es eine Pause will. Kinder wissen oft selbst am besten, was ihnen guttut.
Lehrkräfte als Schlüsselpersonen
Viele Lehrpersonen sind engagiert, fühlen sich aber unsicher im Umgang mit schwerkranken Schüler:innen.
Jedes Kind ist anders und ebenso jede Erkrankung– umso wichtiger ist es, individuelle Lösungen zu finden. Schule kann für krebskranke Kinder ein Stück Normalität bedeuten und ihnen Perspektiven geben. Mit der richtigen Unterstützung, einer offenen Kommunikation und flexiblen Möglichkeiten kann es gelingen, den Schulalltag an die neue Situation anzupassen.