Retinoblastom oder Augenkrebs

Retinoblastome entstehen in der Netzhaut (Retina) und kommen fast ausschliesslich im Kindesalter (bis ca. fünf Jahre) vor. Sie wachsen in der Regel schnell. Retinoblastome können sich innerhalb des Augapfels und ausgehend von dort auch in die Augenhöhle und entlang des Sehnervs in das Zentralnervensystem ausbreiten. Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung gelangen die Krebszellen über die Blut- und/oder Lymphwege in andere Organe. Bei frühzeitiger Diagnose und korrekter Behandlung können fast alle Kinder von der Krebserkrankung geheilt werden.

Retinoblastome entstehen durch zwei genetische Veränderungen (Mutationen) in den Vorläuferzellen der Netzhaut (Retina). Solche Veränderungen können zufällig auftreten (nicht-erblich) oder erblich bedingt sein. Etwa 50 Prozent der Retinoblastome sind erblich bedingt, das heisst, die genetische Veränderung befindet sich bereits in den Keimzellen (Eizelle oder Samenzelle). Der Tumor entsteht bei der erblichen Veranlagung erst dann, wenn sich in der Netzhautzelle auch das zweite Retinoblastom-Gen verändert. Die erbliche Form tritt oft in beiden Augen auf.

Anzeichen eines Retinoblastoms sind im Gegensatz zu anderen Krebsarten auch von Laien gut erkennbar. Vor allem eine weiss aufleuchtende Pupille, die sogenannte Leukokorie, ist ein Warnzeichen. Dies lässt sich bei über zwei Drittel der erkrankten Kinder feststellen.

6 Warnzeichen

Die Deutsche KinderAugenKrebsStiftung (KAKS) beschreibt die sechs nachfolgenden Warnzeichen:

• Eine weisse Pupille bei Blitzlichtfotos
  Wenn Sie Ihr Kind mit Blitz fotografieren und dann eine weisse, gelbe oder orange Pupille erkennen, ist das ein Alarmsignal. Eine rote Pupille ist unauffällig. Weisse Pupillen sind aber nicht immer auf allen Bildern sichtbar. Es gilt auch: Nicht jede weisse Pupille muss ein Retinoblastom sein. Auch bei einem gesunden Auge kann die Pupille weiss aufleuchten, je nachdem wie der Blitz ins Auge fällt.
• Keine rote Pupille bei Blitzlichtfotos
  Wenn Sie mit Blitz fotografieren, gibt es oft «rote Augen». Ist bei Ihrem Blitzlichtfoto nur eine Pupille rot und die andere schwarz, sollten Sie mit Ihrem Kind zum Augenarzt oder zur Augenärztin.
• Schielen
  Schielen kann ein Warnzeichen sein. Bei Säuglingen kommt Schielen häufig vor und verwächst sich wieder. Meistens wird das vom Kinderarzt oder der Kinderärztin aufmerksam beobachtet. Sollten Sie ein Schielen feststellen, sprechen Sie den Kinderarzt oder die Kinderärztin darauf an.
• Rotes, entzündetes oder geschwollenes Auge
  Ist ein Auge häufig entzündet, geschwollen oder gerötet und liegt keine Infektion vor, sollten Sie das Auge untersuchen lassen.
• Farblich veränderte Iris
  Wenn Sie feststellen, dass die Iris, also der Ring, der die Augenfarbe bildet, an einer Stelle verändert ist, sollten Sie das abklären lassen.
• Verschlechterte Sehfähigkeit
  Wenn Ihr Kind von Geburt an schlecht sieht, sich die Sehkraft verschlechtert, Ihr Kind nicht richtig fokussieren kann oder Sie andere Auffälligkeiten im Zusammenhang mit der Sehkraft im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern beobachten, lassen Sie Ihr Kind untersuchen.

Ob es sich um ein Retinoblastom handelt, kann nur eine ärztliche Untersuchung klären. Beachten Sie die Empfehlungen von KAKS. Nicht jedes der Symptome bedeutet, dass Ihr Kind ein Retinoblastom hat, aber jedes der Symptome kann ein Warnhinweis sein – und je eher ein Augentumor erkannt wird, desto grösser sind die Heilungschancen.

Die wichtigste Untersuchung zum Nachweis eines Retinoblastoms ist die Augenspiegelung (Ophthalmoskopie). Wird dabei ein Retinoblastom festgestellt, muss die Tumorausbreitung mittels Ultraschalluntersuchung (Sonographie) oder Magnetresonanztomographie (MRI) erfasst werden. In Einzelfällen muss das Gehirnwasser und Knochenmark untersucht werden, um zu prüfen, ob Tumorzellen im Gehirn oder Knochenmark vorhanden sind. 

Wenn eine erbliche Form des Retinoblastoms vorliegt, sollten auch die Geschwister und Eltern untersucht werden. 

Die Therapie hat die Zerstörung beziehungsweise Entfernung des Tumors zum Ziel. Der Erhalt des Lebens steht dabei über dem Erhalt des Sehvermögens. Es gibt zwei Therapieformen:

• Eine das Auge erhaltende Form mittels Strahlen-, Laser-, Kyro- (Kältetherapie) und Thermotherapie: Bei dieser Augen-erhaltenden Therapie wird versucht, den Tumor zu zerstören und gleichzeitig das Sehvermögen zu erhalten. Eine solche sogenannte augenärztliche Lokaltherapie (fokale Therapie) wird bevorzugt. Sie ist aber nur möglich, wenn das Retinoblastom früh erkannt worden ist. Ist der Tumor für eine solche Behandlung bereits zu gross, kann in einigen Fällen zuerst eine Chemotherapie durchgeführt werden, um den Tumor zu verkleinern und dann mit einer fokalen Therapie zu behandeln.
• Operative Entfernung des Tumors und damit die Entfernung des betroffenen Auges inkl. einem Teil des Sehnervs: Ist die Krankheit fortgeschritten und der Tumor zu gross, muss in fast allen Fällen das betroffene Auge entfernt werden. So wird auch verhindert, dass sich die Tumorzellen über den Sehnerv in das Gehirn ausbreiten können (Hirnmetastasen).

Diese Therapien werden in der Schweiz im Hôpital Ophtalmique Jules-Gonin in Lausanne durchgeführt. Das hochspezialisierte Augenzentrum pflegt eine interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den zuweisenden Kinderspitälern.

Das Retinoblastom selbst kann das Sehvermögen beeinträchtigen und das Kind auf dem betroffenen Auge sogar erblinden lassen. Ist die Krebserkrankung bereits fortgeschritten, muss das betroffene Auge in vielen Fällen entfernt werden. Sind beide Augen betroffen, wird meist das stärker betroffene Auge operativ entfernt, sofern nicht beide Augen erhalten werden können.